Johann Ritter von Zimmermann

(1820–1901)

Der Mann, der  Zimmermann nur hieß, war ein ungarischer Schlosser aus Pápa, den es auf der Wanderschaft 1839 nach Chemnitz verschlagen hatte. Das war das Jahr, in dem Spitzweg seinen „Armen Poeten“ malte. Zimmermann hatte es weniger mit poetischen Einfällen, stattdessen hatte er eine geniale technische Idee.

Zuerst hatten die Chemnitzer Weber und Spinner (sofern sie Unternehmer waren) Maschinen gebaut, um schneller zu werden beim Spinnen und Weben. Spezialisten wie Johann Samuel Schwalbe, die nur noch Maschinen bauten, nahmen ihnen die ungeliebte Maschinenbau-Arbeit ab und machten sie besser. Beide verdienten Geld und freuten sich.

Ein Problem gab es noch: Maschinen machten das Spinnen schneller: Aber bis die Maschinen erst gebaut waren… Bis der Hammer erst fertig war, der den Nagel in die Wand befördern sollte… Man brauchte Maschinen, die die Werkzeuge für den Maschinenbau schneller und präziser als die menschliche Hand bauen könnten.

Das war Zimmermanns Königsidee. Er baute Werkzeugmaschinen. Als erster in Kontinentaleuropa. In Chemnitz. Das war eine technische Revolution - 1848, ausgerechnet im Jahr der bürgerlichen Revolution, als der in Dresden steckbrieflich gesuchte Revolutionär Richard Wagner sich in Chemnitz bei seiner Schwester Clara versteckte…

Zimmermann musste nicht fliehen. Seine Revolution klappte auf Anhieb (mit der Demokratie hat’s ein bisschen länger gedauert). Durch Zimmermann wurde Chemnitz die Wiege des Werkzeug-maschinenbaus und bis zum 2. Weltkrieg der wichtigste Standort in Deutschland.

Die Stadt wurde dadurch reich, und Zimmermann auch. Und der Kaiser im fernen Wien, der die bürgerliche Revolution degoutierte, liebte die technische Revolution und seinen genialen Untertanen (der Kaiser war ja auch König von Ungarn). Er erhob Zimmermann 1877 in den österreichischen Ritterstand. (Zimmermann wurde übrigens auch Ehrenbürger seiner Heimatstadt Pápa und seiner Wirkungsstadt Chemnitz). Zu dieser Zeit wohnte er in seiner prächtigen Villa beim Bahnhof, wohin mittlerweile die Lokomotiven seines Industriekollegen Hartmann (auch er profitierte von Zimmermanns Werkzeugmaschinen)  nicht mehr per Pferdetransport gebracht werden mussten. Die heute noch sehenswerte Villa hatte sich Zimmermann 1865-1867 im damals beliebten neugotischen Stil bauen lassen.

Ach ja, für Hammerstiele hat Zimmermann auch eine Maschine erfunden: die „Holz-Copir-Drehbank. – Sie dient“ (so schrieb damals ein Zeitgenosse über die für 560 Reichstaler - das wären heute nach Kaufkraft mehr als 3.000 €- zu erstehende Maschine) „um Holzkörper, wie Hammerstiele, Radspeichen oder auch andere derartige Gegenstände von ganz beliebiger Form und in vollendeter Glätte herzustellen… (Sie) verlangt keine besondere Geschicklichkeit von Seiten des Arbeiters und producirt die zu schaffenden Körper doch mit großer Schnelligkeit.“