Christian Gottlob Neefe
(1748–1798)
In Rechtschreibung war er schlecht, im Rechnen eine Null. Der kleine Ludwig van Beethoven kam über die Grundschule nicht hinaus. Für das Gymnasium fehlte dem Vater, einem mittelmäßigen Tenor in Bonn, das Geld. Aber dann hatte der kleine Ludwig Glück. Ein Musiker nahm das Talent unter seine Fittiche. Und fortan durfte der Zehnjährige das machen, was ihm am liebsten war: von morgens bis abends Musik. Sein Lehrer war ein Chemnitzer, Christian Gottlob Neefe.
Ihm, dem Sohn eines ehrbaren Schneidermeisters, war die Musik nicht in die Wiege gelegt worden. Er konnte zwar schön singen im Schulchor der Lateinschule, und Unterricht beim Stadtorganisten erhielt er auch. Aber Musiker werden? Neefes Vater muss wohl ziemlich ausgerastet sein. Und so fuhr der begabte junge Mann mit 50 Talern in der Tasche (20 vom Vater, 30 als Stipendium vom Chemnitzer Magistrat) nach Leipzig und studierte brav Jura für einen „ordentlichen“ Beruf. Das Thema seiner Examensarbeit aber sagt alles: „Ob ein Vater befugt sey, seinen Sohn zu enterben, wenn er sich dem Theater verschreybe“. Nein, sagte Christian Gottlob, und verschrieb sich erst recht der Musik. Er studierte bei Hiller, dem damaligen Leipziger Obermusiker (Gewandhaus, Thomaner). Neefe beherrschte das „ernste“ Fach, kannte Bachs „Wohltemperirtes Klavir“, mit dem er auch Beethoven trietzte, aber vor allem hatte er ein Gespür für das, was damals cool war: nicht mehr die alten Opern um antike Helden, sondern lockere Singspiele, in denen nicht Mars, sondern Amor die Hauptrolle spielte („Amors Guckkasten“).
Als Musikdirektor einer reisenden Schauspieltruppe war Neefe nach Bonn gekommen. Der beliebte Netzwerker (er war Freimaurer) blieb in der kleinen Residenzstadt des Kölner Erzbischofs hängen. Zumindest halb. Er wurde Hoforganist, Korrepetitor am Theater, Chef der Hofkapelle. Und wenn es ihn wieder mal hinauszog mit der Schauspieltruppe, hatte er ja einen würdigen Stellvertreter: den elfjährigen Beethoven, dem er schon so viel beigebracht hatte, dass er den Mentor an der Orgel und beim Üben mit den Sängern ersetzen konnte.
Beethoven vergaß nie, was er seinem Chemnitzer Lehrer zu verdanken hatte: „Ich danke Ihnen“, ließ er Neefe wissen, „für Ihren Rath, den Sie mir sehr oft bei dem Weiterkommen in meiner göttlichen Kunst ertheilten. Werde ich einst ein großer Mann, so haben auch Sie Theil daran“. Er wurde ein großer Mann.