Adolf Eberhard Thiele
(1867–1933)
Der Sozialhygieniker und Kunstmäzen Prof. Dr. Adolf Eberhard Thiele war universell interessiert und mischte sich umtriebig in alle ihn anregenden Fragen ein. Als Mediziner war er den Naturwissenschaften verbunden und als Arzt wurde er ein glühender Verfechter der Gesundheitsaufklärung, insbesondere für die einfachen Menschen.
Eberhard Thiele wurde am 11. November 1867 als Sohn eines höheren Steuerbeamten in Halberstadt geboren. Er besuchte in Halle/S. die Lateinschule in der Franckeschen Stiftung und legte dort im Jahr 1886 sein Abitur ab. Es folgte ein Medizinstudium in Leipzig und Halle. Mit seiner Promotion an der orthopädischen Klinik in Leipzig beendete er dieses im Oktober 1892. Im April 1893 ließ er sich als Arzt im damals noch eigenständigen Chemnitzer Industrievorort Kappel nieder. Im gleichen Jahr heiratete er. Das Ehepaar bekam zwei Mädchen.
Was ihn nach Chemnitz und dazu noch in das von Fabriken dominierte Kappel zog, ist nicht überliefert. Auf jeden Fall wollte er wohl dorthin, wo er als Arzt gebraucht wurde. Im Adressbuch stand er u. a. mit den Berufsbezeichnungen: „Praktischer Arzt, Wundarzt, Geburtshelfer, Armen-, Bahn- und Impfarzt“. Zu seinen Patienten gehörten die arbeitenden Menschen unmittelbar aus der Umgebung. So lernte er ihre engen und unhygienische Wohnverhältnisse und die daraus resultierenden typischen Folgeerscheinungen, wie u. a. Diphterie und Tuberkulose kennen. Mit diesem, seinem Engagement wurde er der erste hauptamtliche Schularzt in Chemnitz. Neben der täglichen Behandlung Kranker sah er seine Berufung von Anbeginn darin, seine gewonnenen Erkenntnisse anderen Fachkollegen mitzuteilen. Dazu nutzte er ärztliche Fachblätter. Später erschienen seine allgemeinverständlich geschriebenen Beiträge auch in lokalen Tageszeitungen oder wurden als Bücher veröffentlicht.
Neben seinem Beruf als Arzt war Thiele vielfältig kulturell interessiert. Er schrieb eigene Theaterstücke in denen er u. a. auch medizinische Aspekte volksaufklärerisch verarbeitete, er entdeckte die Fotografie für sich, er schrieb Artikel für das Feuilleton. Darüber hinaus mischte er sich intensiv in die Chemnitzer Kulturpolitik ein, was nicht auf die Region begrenzt blieb. Seine große Liebe gehörte der Malerei. Um 1905 entspann sich ein enges persönliches Verhältnis zwischen Thiele und Chemnitzer Künstlern. So wurde er der Spiritus Rector der 1907 gegründeten „Künstlergruppe Chemnitz“ und protegierte in seinen Feuilletonbeiträgen die jungen „Brücke“-Künstler wie Karl Schmidt-Rottluff und Ernst Ludwig Kirchner. So baute er sich eine bedeutende Sammlung von Kunstwerken der Moderne des beginnenden 20. Jahrhunderts auf.
Mit Entstehung der Weimarer Republik im Jahr 1919 erfolgte seine Berufung zum Landesgewerbearzt und Ministerialrat im sächsischen Ministerium für Arbeit und Wohlfahrt. Sein hauptberufliches Arbeitsspektrum war nun, die Gesundheitsfürsorge auf Landesebene zu ordnen und im Rahmen der Gewerbeaufsicht den Arbeitsschutz zu organisieren. Auch darüber publizierte er wiederum mannigfaltig. Ab 1920 bis zu seinem Tod 1933 war Thiele an prominenter Stelle an der Erarbeitung des Konzeptes und am Aufbau des Deutschen Hygienemuseums in Dresden beteiligt.