Stefan Heym

(1913–2001)

Im Grunde seines Herzens war Helmut Flieg Romantiker. Immer auf der Suche nach seiner blauen Blume, einer Gesellschaft, die dem Einzelnen seine Freiheit lässt. Eine solche Gesellschaft gibt es nicht. Sie ist unregierbar. Der Einzelne, der die Stimme erhebt, gerät immer in Konflikt mit den Mächtigen. Zeitlebens spürte Heym das am eigenen Leib. Der Chemnitzer flog von der Schule wegen seines Gedichts „Exportgeschäft“ – („… wir exportieren! Wir machen Export in Offizieren … Wir lehren Mord! Wir speien Mord! Wir haben in Mördern großen Export!“). Nach dem Examen schreibt er für Zeitungen, Unkonformes. Er flieht 1933 nach Prag, nennt sich Stefan Heym, um seine (jüdische) Familie zu schützen. Es nützt nichts. Der Vater begeht Selbstmord, viele Verwandte kommen im KZ um.

Heym geht nach Amerika ins Exil, landet als Sergeant mit der U.S. Army in der Normandie. In die USA zurückversetzt wegen prokommunistischer Haltung wehrt er sich gegen den Korea-Krieg und siedelt in die DDR über (1953). Er setzt sich kritisch mit dem DDR-Regime auseinander, das den Sozialismus „zu einem Zerrbild“ verändere. Die meisten seiner Bücher müssen daraufhin im Westen erscheinen. Er wird im November 1989 nach seiner Rede für einen „besseren Sozialismus in der DDR“ bejubelt (von Freunden). Nach seiner Eröffnungsrede als Bundestags-Alterspräsident 1994 aber versagt im die CDU/ CSU-Fraktion den Beifall. Er erhält viele Auszeichnungen für sein literarisches Mammut-Werk von „Der Fall Glasenapp“ bis „Collin“. Er stirbt bei einer Konferenz in Jerusalem zu Heinrich Heine, über dessen „Atta Troll“ er seine Magisterarbeit geschrieben hatte, jenen Bären, der die Freiheit will und von der Gesellschaft totgeschlagen wird.

Stefan Heym, der streitbare Geist, der Sucher „nach der Einordnung der Interessen des Einzelnen in die der Allgemeinheit“, war einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Seine Heimatstadt Chemnitz verlieh ihm 2001 die Ehrenbürgerwürde. Einer der bald markantesten Plätze der Stadt, der vor dem Archäologiemuseum, wird im Jahr des 100. Geburtstags nach Stefan Heym benannt.