David Gustav Diehl

(1823–1903)

In einem kleinen elsässischen Dorf wie Barr kennt jeder jeden. Für den fertigen Zeugschmiedlehrling David Gustav gab es keine Frage, wohin ihn die Wanderschaft führen würde: nach Chemnitz. Dort hatte der 14 Jahre ältere Hartmann gezeigt, was aus einem Zeugschmied werden kann: ein veritabler Lokomotivbauer. Hartmann war froh über den Lands- und Fachmann Diehl und setzte den gerade Ausgelernten, kaum war er 1850 angekommen, gleich als Werkmeister ein. Diehl aber wollte weiterkommen. Zwei Jahre später macht er sich selbständig mit einer „Mechanischen Werkstatt zur Fertigung aller Art Werkzeuge, Maschinen und mechanischer Teile“ – ein Sammelsurium von Papierschneide- bis Wurstmaschinen und deren Reparaturen. Doch bald hatte er seine erste eigene Fabrik.

Die Chemnitzer Unternehmer waren einander nicht böse – im Gegenteil. Es gab so viel zu tun in diesen gigantischen Aufbaujahren. Um 1850 waren bereits 62 Prozent aller sächsischen Maschinenbaufirmen in Chemnitz daheim. Sie profitierten voneinander. Jeder suchte sich ein anderes Feld, viele wurden Weltmarktführer. Wie auch Diehl, der – nach dem ersten Streik von 8.000 Metallarbeitern in Chemnitz für den Acht-Stunden-Tag 1871 – im Folgejahr sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft („Union“) umwandelte und 1875 das erste Horizontal-Drehbohrwerk herstellte. Streng nach amerikanischem Vorbild. Das war kostengünstiger. Die Engländer fertigten Maschinenteile, die erst beim Einbau eingepasst, notfalls nachgearbeitet wurden. Diehl baute, wie die Amerikaner, gleich passgenau. Kein Wunder, dass auch Diehl nicht böse war, als sich sein Werkmeister, wie ehemals er selbst, selbständig machte. Julius Eduard Reinecker produzierte auch die von Diehl ersehnten Feinmessmaschinen. Diehls „Union“ gibt es nach vielen Ups and Downs noch heute – die älteste noch existierende Werkzeugmaschinenfabrik Deutschlands.

4. September 2013: Heute vor 190 Jahren wurde der Union-Gründer geboren. Die Freie Presse würdigt ihn in der heutigen Ausgabe mit dem Artikel "Goldmedaille für Chemnitz" (online leider nur für Abonnenten).