OSCAR FREIHERR VON KOHORN ZU KORNEGG

(1882-1963)

„Unerschöpflich quillet der Born“ sangen die zwei Tenöre und zwei Bässe des Männer-Quartetts dem Hausherrn zu Ehren. Unter den Gästen der Villa lauschte ein ganz besonderer Mann der „Hymne auf das Haus Kohorn“: der berühmte Komponist Richard Strauss, der die acht Zeilen der Hymne 1925 gedichtet und vertont hatte. Strauss kannte Chemnitz gut, vor allem die Oper – sie gehörte immer zu den ersten, die seine Werke aufführten. Und gut aufführten – auch dank der einen oder andren Reichsmark des Sponsors Oscar von Kohorn. Schon beim Bau des „neuen Theaters“ hatte er geholfen. Kohorn war Theater-Mäzen, und Strauss sein Freund. Für ihn hatte Kohorn in der Villa sogar ein eigenes Schlafzimmer eingerichtet. Auch Franz Lehár und der Tenor und Tauber-Freund Leo Slezak waren häufig zu Gast bei Kohorn. Über die Straße trafen sich bei Esches die bildenden Künstler, Munch etwa, hier die Musiker. Was für ein Zusammentreffen internationaler Kulturgrößen auf kleinem Chemnitzer Raum! Chemnitz hatte Anfang des 20. Jahrhunderts zurecht Weltruf.

Der dazu wesentlich beigetragen hat, war Oskar Kohorn, der später geadelt wurde. Er war der „internationalste“ Chemnitzer Großindustrielle – und Großunternhmer in unterschiedlichen Branchen. Er hatte Anteile und leitende Stellungen in Wien, in Budapest, in Serbien inne. Und war nebenbei Aufsichtsratschef des neuen „Chemnitzer Hofs“, in dem auch der als einer der ersten in Deutschland gegründete Rotary Club seine Heimat fand. Klar, dass Kohorn auch da zu den Gründungsmitgliedern zählte.

Der Reichtum war ihm als dem zehnten Kind eines Likörbrenners nicht in die Wiege im böhmischen Dürrmaul (heute Drmoul) gelegt worden. Aber er durfte auf die Höhere Webschule in Chemnitz – und blieb zeitlebens bei der Weberei. Am meisten Geld verdiente er mit seiner Chemnitzer Teppichfabrik Oscar Kohorn und deren auf der ganzen Welt geschätzten Haargarnteppichen der Marke „Hohenzollern-Bouclé“, bis die Firma in der Weltwirtschaftskrise pleiteging. Kohorn verlegte sich auf Kunstseide, baute diesmal aber gleich die kompletten Fabriken.

Er war Jude, wusste, dass seines Bleibens in Deutschland nicht mehr lange sein könnte. Über Japan gelangte die Familie nach Amerika. Die Nazis hatten Kohorn 1940 ausgebürgert, seine Villa und seine Fabrik konfisziert, alles genommen. Aber Kohorn fand dank seiner Erfinderkraft und seiner internationalen Verbindungen schnell wieder Tritt. Und wurde in den USA wieder ein reicher Mann.

Dass er einmal arm war, bitterarm, vergaß er ein Leben lang nicht. Vorwiegend mit seinem Geld war schon in den 20er Jahren das erste Chemnitzer Kindererholungsheim gebaut worden. Allein in den ersten fünf Jahren erlebten 1.700 arme Kinder ein bisschen Glück, das aus dem Kohornschen Born quoll…